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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.34 (1908)
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Nr. 4.

Mitteilungen des Deutschen und österreichischen Alpenvereins.

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es nannte, bereits losgebrochen, die sieben ersten Teilnehmer
mit sich hinabreißend. Die fünf letzten kamen bloß wenige
Meter ins Kutschen und konnten sich durch einige Sprünge
retten. Die Lawine stürzte mehrere hundert Meter in die
Tiefe. Als der Schnee zur Ruhe gekommen war, konnte des
Bergführers Granitzer 14 jähriger Sohn Josef sich selbst
herausarbeiten; er half sodann auch mir. Gleich darauf
stand Voithofer schon auf der kaum ruhenden Lawine; ihm
folgten: Bergführer Georg Lechner, Josef Burgsteiner
nnd der 15jährige Vinzenz Dollnigg. Hans Burgsteiner
hatte sich einige Monate vorher den Arm gebrochen; beim
Versuche, sich aufzuhalten, brach er denselben neuerdings.
Er eilte daher — der Bettungsarbeiten unfähig — ins Tal,
um Hilfe zu holen. Der 13jährige Toni Burg3teiner war
1 m tief in der Lawine gesteckt. Als er ausgegraben wurde,
war er bewußtlos, aber er lebte und erholte sich bald voll¬
ständig. Um 2 U. 30 waren die Ersten von Bad Fusch zur
Rettung eingetroffen; im ganzen kamen nachmittags 56 Mann
zusammen, die sich an 5 den Rettungsarbeiten aufopferungs¬
vollst betätigten. Zwischen 8 und 9 U. abends fanden sie
die beiden Leichen Schubharts und Altenhubers 2 bis
3 m tief im Schnee steckend. Am nächsten Mittag grub man
die Leiche des Knaben Gidi Holzer, Sohn des Fuscher
Gemeindevorstehers, aus. Derselbe hatte einen Schädel¬
bruch erlitten. Am 16. Februar früh ging abermals eine
große Rettungsmannschaft aus, der es gelang, die Leiche des
Knaben Sebastian Walterschik zu finden; dieselbe war
bloß 1 m unter der Lawine begraben gewesen. Es waren
somit die Vier, welche zuerst gegangen waren, tot und die
drei Nächsten zwar mit der Lawine hinabgeschleudert, aber
gerettet worden, die drei Letzten hatten sich durch einige
Sprünge retten können. Der Oberjäger Michael Schub¬
hart war seit zirka 10 Jahren Skihihrer und übte seinen'
Beruf im Winter immer auf Skiern aus. Bergführer Alten-
huber, vulgo Rauriser Hansei, einer der besten Führer des
Tals, hat seit Jahren die verschiedensten Wintertouren mit
Touristen auf Skiern gemacht (darunter auch die Adlers¬
ruhe besucht). Beide waren somit die verläßlichsten Führer
für Skifahrten und mit der Gegend sowie den Schneever¬
hältnissen vollkommen vertraut. Keinem der Teilnehmer
darf daher Leichtsinn oder Waghalsigkeit vorgeworfen werden.
Es waren zu jener Zeit fast gar keine Lawinen zu Tale ge¬
gangen. Marie Hw&er-Wien, S. Austria.

An diesem schweren Unglücke sind wohl in erster Linie
die ungewöhnlichen Schneeverhältnisse dieses Winters schuld.
Der Behr schneearme Winter hat seine weiße Decke in den
Bergen der nördlichen Alpenhälfte in der Hauptsache in
verhältnismäßig ausgiebigen, aber zeitlich stark getrennten
Schneefällen abgelagert. Lange Reihen schöner Tage, auch
Föhnwinde, haben die Oberfläche jeder einzelnen Schnee¬
schicht mit einer starken Harschtfläche überzogen, so daß
die nächstfolgende, bei tiefer Temperatur abgelagerte Schicht
pulverigen Schnees auf glatter, schiefer Ebene ruht und mit
ihrer Unterlage keine genügende Verbindung hat. Dadurch
ist die Bildung sogenannter Schneebretter" ungewöhnlich
begünstigt. Einem solchen ist offenbar die Gesellschaft zum
Opfer gefallen. Es ist darum heuer allen jenen, welche Ski¬
fahrten in Gebieten mit steileren Geländen unternehmen,
doppelte Vorsicht zu _ empfehlen. Vielleicht hat auch die
große Anzahl der Teilnehmer an der so unglücklich ver¬
laufenen Tour, die leicht dazu führt, daß nicht genügend
große Distanzen eingehalten werden, das Losbrechen des
Schneebretts befördert.

Personalnaehrichten,

f Hof bankier Josef Leuchs. Die S. München unseres Ver¬
eins hat einen schweren Verlust erlitten: ihr langjähriger
Kassier, Herr Hof bankier Josef Leuchs, ist am 16. Februar
im Schwabinger Friedhofe zur letzten Ruhe gebettet worden.
Am Grabe des Verewigten legten Herr Univ.-Prof. Dr. Roth-
pletz namens der S.München, der Präsident des Zentral-
Ausschusses, Herr Kommerzienrat Otto v. Pfister, namens
des Gesamtvereins Kränze nieder.

Allerlei.

Die Schutzhütten und Unterkunftshäuser in den Ostalpen.

Die S. Wien unseres Vereins hat die Herausgabe eines Pracht¬
werks beschlossen, das in 420 Lichtdrucktafeln (von 17X23 cm
Bildgröße) auf farbigem Karton (30X37 cm) sämtliche Schutz¬
hütten und Unterkunftshäuser der Ostalpen umfassen soll.
Das Werk soll in 14tägigen Heften zu je 10 Bildern er¬
scheinen. Der Subskriptionspreis beträgt K. 75.60 = M. 63.—
oder 42 Lieferungen ä K. 1.80 = M. 1.50. Bestellungen wollen
an die Kunstanstalt Stengel & Co. in Dresden-A. 21 ge¬
richtet werden. Die erste Lieferung soll im Mai d. J. er¬
scheinen. Der eventuelle Reinertrag dieser Unternehmung,
die ein wirkliches Prachtwerk zu weiden verspricht, soll
dem Bausäckel der S. Wien unseres Vereins zufließen.

Gerichtliche Freisprechung wegen Wegtafelzerstörung. Wie

die S. Krain in ihrem Jahresberichte mitteilt, ist es im Som¬
mer 1907 in einem Falle ihren Wegarbeitern geglückt, den
phil. Josef Cop, in Begleitung des Bürgermeisters von
Scherauniz und eines dritten, bei einer Wegtafelzerstörung
(Ausreißen des Pflocks) nächst Belopolje zu überraschen und
den Schaden durch Wiederaufstellung der Tafel gleich gut¬
zumachen. Das Bezirksgericht Radmannsdorf hat den Täter,
der. die sinnlose Wut, in welche er durch den Anblick einer
deutschen Tafel geraten war, als Strafausschließungsgrund
geltend gemacht hatte, freigesprochen! Der Fall ist sehr
lehrreich in mehrfacher Beziehung. Ein Bürgermeister, der
seine Aufgabe: für Ordnung zu sorgen, auch in den
Bergen nicht ganz vergessen sollte, hat der Tat zugesehen,
der Täter wurde ertappt, jedoch freigesprochen, obwohl nicht
er, sondern der Ergreifer den Schaden gutgemacht hat, und
der Täter maßte sich, und zwar mit Erfolg, einem behördlich
genehmigten alpinen Vereine gegenüber das Recht an, Weg¬
tafeln, die ihm nicht zu Gesichte stehen, ungestraft aus
reißen zu dürfen! — Der Ausschuß der S. Krain hat in
dieser Angelegenheit weitere Schritte unternommen.

Traunsteiner Hütte. Der Pacht der Traunsteiner Hütte
auf der Reitalpe ist infolge Verheiratung der bisherigen
Pächterin erledigt. Bewerber wollen sich bis 15. März 1908
unter Angabe ihrer Angebote beim Vorstand der S. Traun-
stein des D. u. O. Alpenvereins melden.

Hüttenwirtschaft sucht für die Sommermonate Frau Frida
Frank in Gardone Riviera (Pension Bellevue). Ein kleineres
Haus wird vorgezogen.

In Ladis bei Prutz (Inntal) hat der Vorstand unserer
S. Asch, Herr Fabriksbesitzer Ernst Adler, auch diesmal
wieder zu Weihnachten den Schulkindern reichliche Spenden
von Kleidungsstücken und Stoffen zugewandt, wofür ihm
auch an dieser Stelle der beste Dank ausgedrückt wird.

In Ladis (Post Prutz, Tirol) sind mehrere Einheimische
mit Eifer bereit, sich zu Skifahrern auszubilden, um dann
Skifahrern als Führer und Begleiter dienen zu können. Die
Betreffenden sind aber nicht bemittelt genug, um sich selbst
Skier anzuschaffen. Die eigenen Herstellungsversuche mi߬
glückten und so richtet nunmehr der Verschönerungsverein
in Ladis an Besitzer außer Gebrauch gesetzter Skier die
Bitte, vielleicht diese für den erwähnten Zweck überlassen zu
wollen.

Älpenvereins-Schriften u. a. Die S. Reichenhall hat billigst
abzugeben: „Zeitschrift" 5 Jahrgänge 1883, 1 Jahrgang 1882,
je 1 Jahrgang 1890—1904, 4 Jahrgänge 1906, 2 Jahrgänge
1907. „Bolletino del Club Alpino Italiaiio" Jahrgänge 1876
1881. „Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf
Alpenreisen" Abteilung III, IV, V.

Älpenvereins-Schriften. Die S. Traunstein hat aus einem
Nachlasse billig abzugeben: die Jahrgänge 1877, 1883—1889
der „Zeitschrift" (ungebunden), 1874—1876, 1879—1882 der
„Zeitschrift" (gebunden), 1885—1889 der „Mitteilungen". An¬
gebote und Anfragen werden an den Vorstand der S. Traun¬
stein des D. u. Ö. Alpenvereins erbeten.