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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.38 (1912)
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MITTEILUNGEN

des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins.

Die Mitteilungen erscheinen am 15. und letzten jeden Monats.
Schriftleitung: Wien 7/1, Kandlgasse 19-21.
===== Gesamt-Auf läge 90.000. ==

Haupt-Annahmestelle für Anzeigen :

München, Theatinerstraße 8, sowie bei sämtlichen

Bureaux der Annoncen-Expedition Rudolf Mosse.

Für Form und Inhalt der Aufsatze sind die Verfasser verantwortlich.

Nr. 3.

München-Wien, 15. Februar.

1912.

Das Alpine Museum zu München.

(Schluß.)

Gegenüber der wohldurchdachten reichhaltigen bo*
tanischen Abteilung nimmt sich die derzeitige Aus*
Stellung aus dem Gebiete der Volkskunde noch ziem*
lieh dürftig aus; daß aber auch dieses Gebiet durch
einige hervorragende Stücke vertreten ist, ist vor allem
das Verdienst des Kaiserin * Elisabeth »Museums in
Cortina und des Herrn Franz Schmalz 1, Mariengast*
hofbesitzer in St. Ulrich; von ersterem sind eine An*
zahl wertvoller, zum Teile sehr alter Stücke, z. B. kleiner
Kompaß, Taschenaltar, Taschensonnenuhr mit Kom*
paß, reich geschnitzte Rokokowiege und dergleichen
mehr leihweise überlassen worden, von letzterem eine
Grödner Kostümgruppe, die dem oberen Saale eine
heitere Stimmung verleiht. Es sind fünf trefflich in
Holz geschnitzte lebensgroße Figuren, darunter Bräu*
tigam, Braut und Kranzeljungfer in 100 Jahre alten, bis
ins kleinste Detail echten Kostümen. Die farbenpräch*
tigen Gewänder und die reichen Schmucksachen lassen
die Wohlhabenheit des Grödnertals deutlich erkennen.
Originell ist, daß auch die Braut und die Kranzeljung*
fer ihr Besteck zum Hochzeitsschmaus an einem silber*
nen Gehänge bei sich tragen. Von Herrn Schmalzl
stammen auch noch elf etwa 30 cm hohe, entzückende
Kostümfigürchen. Der Liebenswürdigkeit des Direktors
der k. k. Fachschule in Hallstatt verdanken wir unter
anderen Spenden eine der in der Hallstätter Gegend
noch heute üblichen sogenannten Totenkronen aus Fili*
gran, von denen je nach dem Reichtum des Verstorben
nen eine oder mehrere Stücke auf den Sarg zum Prunk
aufgestellt werden. Vorzüglich vertreten ist ein Zweig
der modernen Kultur durch die gediegenen und künst*
krischen Schülerarbeiten aus Holz und Metall der k. k.
Fachschulen in Cortina, Hallstatt, Plan*Wolkenstein
und St. Ulrich. Wenn auf irgendeinem Gebiete, so ist
das Museum bezüglich der Volkskunde auf Schenkun*
gen angewiesen, denn für Sachen aus alter Zeit werden
jetzt geradezu fabelhafte Preise gefordert und bezahlt.
Wenn erst in den Alpen selbst mehr Interesse für das
Museum vorhanden ist, steht zu hoffen, daß manches
alte Familienstück dem Museum überwiesen wird.
Ebenso können auch unsere Mitglieder, besonders die
der Gebirgssektionen, das Museum unterstützen, wenn
sie zufällig auf alte, interessante Stücke, von denen be*
sonders in entlegeneren Tälern sich immer noch welche
finden, stoßen und ihre Erwerbung für das Museum in
die Wege leiten.

Das Gleiche gilt von alten Ausrüstungsgegenstän*
den, deren das Museum schon einige, aber lange nicht
genug besitzt. Wir sehen da ein Steigeisen von 2 x / 2 kg

Gewicht, Bergstöcke mit Kletter* oder Sägevorrichtun*
gen, Eispickel primitivster Art, Wurfanker und ein merk*
würdiges Zwischenglied zwischen Schneeschuh und
Rodel, zwei sogenannte Knappenrösser (Geschenk des
Herrn Prof. Arnold, Hannover). Besonderes Interesse
erweckt auch ein Rücksack aus Swanetien, aus einem Zie*
genfell gebildet, dessen Fußstücke paarweise als Träger
zusammengeknüpft sind, also in der Form eine auffal*
lende Übereinstimmung mit unserem Rucksack. Die
Museumsleitung hat sich bisher vergeblich bemüht,
Herkunft und Alter des Gebirgsrucksacks festzustellen,
beziehungsweise einen nachweisbar sehr alten, primi*
tiven Rucksack zu bekommen.

Die moderne Ausrüstung ist durch eine sehr reich*
haltige wertvolle Kollektion aller möglichen Ausrü*
stungsgegenstände, von denen nicht einmal die Hälfte
aufgestellt werden konnte, in glänzender Weise vorge*
führt, ein Geschenk der alten Firma Heinrich Seh wai*
ger in München, deren Begründer sich durch seinen
Karwendel* und Wettersteinführer ein dauerndes alpin*
literarisches Andenken errungen hat. Die gleiche Firma
hat eine große Sammlung von Schneeschuhbindungen
und *Hölzern gestiftet.

Die weiters geschenkten Schneereifen muten uns bei
der kolossalen Zunahme der Bergbesteigungen mittels
Schneeschuhen schon beinahe historisch an. Der
«Deutsche Schiverband» hat in dankenswerter Weise
20 wertvolle, zum Teile sehr alte, hochinteressante Nor*
wegerschier, die dem Verband von Herrn Frey*
Frankfurt a. M. geschenkt wurden, als Leihgabe
ausgestellt. Auf dem Gebiete der Ausrüstung hat
dann die k. k. Fachschule für Eisen* und Stahlbearbei*
tung in Fulpmes die ganze Entstehung des Steigeisens,
des Fußeisens und des Eispickels, und zwar sowohl
des handgeschmiedeten als auch des ausgeschlagenen
(gestanzt oder in der Form gepreßt) in sehr instrukti*
ven, von Phase zu Phase sich entwickelnden Modellen
vorgeführt. Hier verdient auch eine Reihe älterer und
neuerer optischer und physikalischer Instrumente (über*
lassen von der Firma Rodenstock sowie deren Fir*
menteilhaber A. Wolff) Erwähnung.

Eine eigene Wandfläche wurde der Seiltechnik ge*
widmet. Es sind nicht bloß die verschiedenen Seil*
arten (gestiftet von Karl Pf äff, München) mit beleh*
renden Bemerkungen über den Seilgebrauch im Fels
und auf Eis vorgeführt, sondern auch mittels manns*
dicker Baumstämme und an der Wand befestigter Fels*
stücke die wichtigeren Seilknoten und Abseilmethoden.
Trefflich erläutert wird die ganze Gruppe durch die