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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd. 07 (1881)
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selbst oder sein Tourist in eine Gletscherspalte stürzt oder über einen
Felsen abfallt. Das Seil, an welchem Beide etwa befestigt sind, ist
entweder zu kurz, oder es ist vielleicht sogar gerissen; möglicherweise
ist ein Seil gar nicht vorhanden.

Bei allen derlei Unglücksfällen kann ein Menschenleben davon
abhängen, dass in der nächsten Schutzhütte ein gutes genügend langes
Seil aufbewahrt ist, welches schnell zur Stelle geschafft, den Ver¬
unglückten noch rechtzeitig der gähnenden Kluft entreisst oder von
dem sonst unzugänglichen Felsen heraufholt.

In Erwägung dessen haben wir im Einvernehmen mit der
Section Hamburg auch für die Herstellung eines solchen Keserve-
Musterseiles für Schutzhütten Sorge getragen; dieselbe Firma
Joh. L. Petzl ist bereit, solche Seile aus Manilahanf in der Normal¬
länge von 30 m und in der Normalstärke von 18 mm, versehen mit
dem grünen Faden als Vereinsmarke, um denselben Preis von
1 fl. 50 kr. ö. W. per Kilo loco Wien herzustellen. Für ein solches
Seil ist ein Karabiner (Preis 1 fl. 20 kr. ö. W.) wegen des schnellen
Anseilens zu empfehlen; auf demselben würden die Initialen unseres
Vereins: D.u. Ö. A. V." eingeschlagen.Ein solches Seil sammtKara¬
biner (Gewicht des Seiles allein circa 4 kg) würde beiläufig 7 fl.
20 kr. o. W. kosten.

Wir laden Sie daher ein, falls sich in den von Ihnen erbauten
oder im Bau begriffenen Hütten noch keine ähnlichen Seile befinden
sollten, sie bei uns zu bestellen.

Wir müssen jedoch bemerken, dass wegen allfälligen Miss¬
brauches dieser Reserveseile den Führern eingeschärft werden müsste,
dass solche Seile nur im Fall einer vorhandenen Gefahr geholt,
daher bei gewöhnlichen Touren nicht benützt werden dürfen.

Es empfiehlt sich daher, dass diese Seile zwar offen in der
Schutzhütte verwahrt, jedoch mit einer Saite an einer Stelle um¬
wunden und mit einer Plombe versehen werden, dass ferner das Seil
auf einem Zettel als Eeserveseil bezeichnet und in der Hütten-
Ordnung der angedeutete Missbrauch strengstens untersagt würde.

Wir richten gleichzeitig auch an die betreffenden politischen
Landesstellen Gesuche mit der Bitte, diese in Aussicht genommenen
Hütten-Keserveseile in ihren besonderen Schutz zu nehmen, vor¬
kommende Fälle des Missbrauchs strenge zu bestrafen und auf die
Ausrüstung aller concessionirten Führer mit unseren Musterseilen in
geeigneter Weise einzuwirken.

Der Central -Ansschnss

des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins.
Dr. B. J. Barth,

I. Präsident